Wolfgang Hadamitzky


Japanbezogene Lehrmaterialien, Wörterbücher und Bibliografien



Sprachlexikon: Zeichenwörterbücher


Definition

Ein Zeichenwörterbuch ist ein Wörterbuch, das die Wörter nach dem ersten (oder auch nach weiteren) darin enthaltenen chinesischen Schriftzeichen (Kanji) ordnet. Zeichenwörterbücher sind für die Sprachen Chinesisch, Japanisch und Koreanisch in Gebrauch.

Synonyme: Zeichenlexikon, Kanji-Wörterbuch, Kanji-Lexikon.

Japanische Bezeichnungen: Kan-Wa jiten 漢和辞典, kanji jiten 漢字辞典, jiten 字典.

Funktion

Zum Nachschlagen japanischer Wörter benutzt man in der Regel ein alfabetisches Wörterbuch. Ist jedoch die Aussprache eines mit Kanji geschriebenen Wortes unbekannt, benötigt man ein Zeichenwörterbuch. Darüber hinaus gibt nur ein Zeichenwörterbuch Auskunft auf die Frage, welche Lesungen und Bedeutungen einzelne Zeichen haben. Nicht zuletzt enthalten Zeichenwörterbücher oft auch weitere Angaben zu den Stichzeichen, die man in alfabetischen Wörterbüchern nicht findet, wie z.B. zur Etymologie, zur Struktur und zur Schreibweise.

Ordnungssysteme

Traditionelle Zeichenwörterbücher ordnen Wörter nach dem ersten darin enthaltenen Kanji als Stichzeichen, neuere Wörterbücher auch nach jedem im gesuchten Wort vorkommenden Kanji.

Die Stichzeichen selbst sind in fast allen Zeichenwörterbüchern nach einem Zeichenbestandteil, dem Radikal, geordnet. Regeln zur Bestimmung des Radikals oder Konventionen legen fest, welcher von meist mehreren Bestandteilen eines Zeichens für die Einordnung herangezogen und damit zum Radikal wird. Die Auswahl der Radikale und die Regeln für deren Bestimmung bilden zusammen das so genannte Radikalsystem.

Zusätzlich zum eigentlichen Suchsystem bieten die meisten Zeichenwörterbücher einen Zugang zu den Zeichen über einen Lesungs- und einen Strichzahl-Index.

Japanisch-deutsche Zeichenwörterbücher (in Buchform)

Für das Sprachenpaar Japanisch-Deutsch sind zwei Titel auf dem Markt, die sich vor allem in Umfang und Preis unterscheiden:
W. Hadamitzky u.a.: Japanisch-deutsches Zeichenwörterbuch. Hamburg: Buske 2002. 22, 873 S.
W. Hadamitzky u.a.: Großwörterbuch Japanisch-Deutsch. Zeichenwörterbuch. Berlin usw.: Langenscheidt 1997. 1.784 S.
Eine Kurzbeschreibung beider Titel finden Sie im Abschnitt Zeichenwörterbücher der Rubrik Japanisch-Infos: Lernhilfen. Musterseiten aus dem Zeichenwörterbuch finden Sie hier, Rezensionen zum Großwörterbuch hier.

Elektronische Zeichenwörterbücher

Die meisten elektronischen Zeichenwörterbücher und Zeichensammlungen sind ähnlich angelegt wie die klassischen gedruckten Werke: Die Suche nach einem Zeichen erfolgt über ein oder mehrere der Radikale, die weitere Sortierung nach ansteigender Reststrichzahl. Hinzu kommt die Suche über eine Lesung und die Strichzahl.

Für das Sprachenpaar Japanisch-Deutsch gibt es im Internet derzeit kein Zeichenwörterbuch.

Das international verbreitetste elektronische Wörterbuch mit Zeichenwörterbuch-Funktion ist das im Internet verfügbare WWWJDIC, herausgegeben von Jim Breen an der Monash University in Australien.

Ältestes Zeichenwörterbuch Shuowen jiezi

Als ältestes vollständig überliefertes Wörterbuch gilt das 121 n.Chr. erschienene Shuowen jiezi (説文解字, japan. Setsumon kaiji). Eigentlich handelt sich nicht um ein Wörterbuch im modernen Sinne, sondern um eine Sammlung von 9.353 Zeichen, deren Analyse und Anordnung unter 540 Sachgruppen die Theorien des Gelehrten Xu Shen zur chinesischen Schrift- und Sprachgeschichte untermauern sollte. Am Beginn jeder dieser 540 Gruppen steht ein Zeichen, das nach Auffassung des Autors den anderen Zeichen der Gruppe, in denen es enthalten ist, ihren Sinn gibt. Diese Zeichen nennt er bushou 部首 (japan. bushu, wörtlich „Gruppenhaupt“, heute fast durchgängig als „Radikal“ bezeichnet). Die Idee der Anordnung komplexer Zeichen nach ihren Bestandteilen wurde von Lexikografen in China und Japan aufgegriffen, für Nachschlagewerke weiter entwickelt und in zahllosen Wörterbüchern in die Praxis umgesetzt. Bis heute gibt es zu dieser Grundidee keine ernst zu nehmende Alternative.

Der Klassiker Kangxi zidian

Im Jahre 1716 erschien auf Befehl des chinesischen Kaiser Kanxi dasjenige Wörterbuch, das alle folgenden Zeichenwörterbücher am meisten geprägt hat und noch heute prägt, nämlich das Kangxi zidian 康熙字典 (japan. Kōki jiten). Es ordnet 47.035 Zeichen nach 214 Radikalen. Darunter befinden sich auch Radikale, die im Shuowen diese Funktion nicht hatten, d.h. die 214 Radikale sind nicht einfach eine Untermenge der 540 Klassenhäupter des Shuowen. Fast alle modernen Zeichenwörterbücher verwenden eine mehr oder weniger modifizierte Form des 214-Radikale-Systems dieses Klassikers. Ausführlichere Angaben über das Suchsystem finden Sie im Artikel Radikal-Systeme (in Vorbereitung).


Mai 2005, W.H.





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